Frauen beeinflussen Pinnebergs Geschichte
Ausstellung im Alten Amtsgericht
8. März – 2. Mai 1998
Pinneberg (bw). Weiße Flecken in der Geschichtsschreibung kommen gelegentlich vor. Was aber den Anteil der Frauen an der Geschichte betrifft, so wird häufig und zumeist von weiblicher Seite beklagt, existiere beinahe ausschließlich ein einziger großer weißer Fleck. Sieben Frauen ist es zu verdanken, daß dieses Defizit für Pinneberg nicht mehr uneingeschränkt gilt. In der Arbeitsgruppe „Frauengeschichte“ trugen sie drei Jahre lang Material für eine Ausstellung zusammen, die den so arg vernachlässigten Bereich der Historie zumindest für eine bestimmte Zeitspanne ausleuchtet. „Clara, Dora, Emma.. . Frauenleben in Pinneberg“ wurde am Wochenende unter großer Publikumsbeteiligung im Rahmen der Veranstaltungsreihe rund um den Frauentag eröffnet.
Optimum an Ergebnissen nach intensiver Recherche
Wohl an die 200 Besucher drängten sich am Internationaler Frauentag in den Räumen des Alten Amtsgerichts — keineswegs nur Frauen. Auch viele Männer zeigten reges Interesse an den bislang unterschlagenen Fakten. Ein Erfolg für die Initiatorinnen, deren unermüdliche und hartnäckige Forschungen ein Optimum an Ergebnissen zu Tage gefördert hat. Im allgemeinen Lob über die gelungene Präsentation der Fundstücke und Begleittexte wollten sich die Veranstalterinnen um Museumsleiterin Ina Duggen jedoch nicht sonnen. In ihren Eröffnungsreden wiesen sie auf die bittere Notwendigkeit ihrer Initiative hin.
„Große Staatsmänner, herausragende Denker, bedeutende Erfindungen, Kriege und Feldzüge — die Bücher vermitteln den Eindruck, als würde Geschichte nur von Männern gemacht“, stellte Sylvia Hegselmann fest. Frauen sei aber die Teilnahme am öffentlichen Leben und damit der Zutritt zu diesen „geschichtswürdigen Bereichen“ lediglich weitgehend verwehrt gewesen.
Sieben Biographien von Pinneberger Frauen, die sich engagierten, sich einmischten oder auch nur ihr Leben unabhängig und selbstbestimmt gestalteten, sind in der Ausstellung nachvollziehbar. Ob die Sozialdemokratin Emma Bohnemann, die trotz Belastung als Hausfrau politisch so aktiv war, daß sie die Geschicke der Stadt entscheidend mitgestaltete, die engagierte Rotkreuzlerin Clara Bartram, die noch als 78jährige während der großen Flutkatastrophe von 1962 die Hilfsaktionen begleitete, oder die Schwestern Emma, Bertha, Helene und Anne Never, die als seltene Ausnahme ihrer Zeit alle berufstätig waren — immer dokumentieren die Lebensläufe auch ein Stück Alltagsgeschichte. „Und die ist mindestens so spannend wie die Erzählungen von den deutschen Kaisern“, versicherte Sylvia Hegselmann.
Spurensuche in der eigenen Geschichte
„Es ist auch eine Ausstellung gegen das Vergessen“, forderte die Rellinger Gleichstellungsbeauftragte Dorathea Beckmann die Besucher auf, sich auf Spurensuche in der eigenen Geschichte zu begeben und Verbindungen zur Historie des Heimatorts und ‑landes herzustellen. Wer sich ebenfalls dazu inspirieren lassen will, kann die Ausstellung noch bis zum 2. Mai im Stadtmuseum, Dingstätte 25, betrachten: dienstags bis freitags von 17 bis 19 Uhr, sonnabends von 11 bis 13 Uhr.
Pinneberger Tageblatt, 11.3.1998