Blick auf ein bedrohtes Handwerk
Stadtmuseum zeigt Schuh-Ausstellung
Originale aus Pinneberger Schuhmacher-Werkstätten von 1920 bis 1960 zeigt ab 2. September das Stadtmuseum. Ein nostalgischer Blick zurück.
Pinneberger Tageblatt, 24.8.2001
Von Dietmar Vogel Pinneberg. „Zeigt her Eure Füße, zeigt her Eure Schuh“ oder „Wie Du kommst gegangen, so Du wirst empfangen“ — Binsen- und Volksweisheiten, die eine lange Tradition haben. Es geht auch, oder gerade, um den Blick nach unten, auf die Füße. Besser gesagt: auf die Schuhe. Italienische Frauen sind bekannt dafür, dass sie sich weniger für den „Allerwertesten“ des Mannes, als mehr für das imponierende Design des ledernen Fußbedeckers interessieren. Vom 2. September 2001 bis 5.Januar 2002 geht im Stadtmuseum Pinneberg der Blick zurück auf die Geschichte der Schuhherstellung.
„…so wird ein Schuh draus…„ nennt Ina Duggen, Leiterin des Hauses in der Dingstätte 25, den kulturhistorischen Rückblick. „1999 legten zwei renommierte Schuhmacher-Betriebe, Lothar Schulz an der Straße Im Fahlt und Eugen Weber in der Lindenstraße ihr Spezialwerkzeug — wie die so genannte Latte, Leiste, Querörter oder Beißzange — aus der Hand“, so Duggen. Aus Altersgründen hätten sie sich zurückgezogen und das Werkstatt-Interieur dem Museum überlassen. „Ein Glücksfall. Sonst wäre alles in der Schrottpresse gelandet“, ist Duggen Stolz auf das Vertrauen der Handwerker in ihr Haus.
In zwei Räumen sind die Exponate aus der Zeit von 1920 bis 1960 ausgebreitet. Seltene Stücke, gesichert hinter Vitrinen, große Maschinen wie die so genannte Schäftemacherei oder schwere Eisenmaschinen zur Ausführung von Reparaturen sind entlang den Seiten aufgestellt. An den Wänden imponierende Jahrzehnte alte Zeichnungen, Chroniken Pinneberger Schuhmacher Dynastien wie Weber, Worm, Wiese und Kröplin. Arbeiten von Gesellen, Stücke aus Meisterprüfungen.
Ein Querschnitt, der für jeden Schuhmacher-Gesellen ein Lehrpfad für die harte Ausbildungszeit sein könnte. In den Räumen werde es Leben geben, verspricht Duggen. Am Tag der Eröffnung, 2. September, 15 Uhr, werden Auszubildende eine Kostprobe ihrer Geschicklichkeit geben.
Über dem Schuhmacher-Handwerk schwebt das Damoklesschwert. Nostalgie, wenig gewinnbringend, die industrielle Konkurrenz machen der Jahrhunderte alten Zunft schwer zu schaffen. „In ganz Schleswig-Holstein gibt es zurzeit nur neun Schuhmacher-Gesellen und 30 OrthopädieSchuhmacher in der Ausbildung“, rechnet Duggen vor.
Der Beruf mit orthopädischer Zusatzausbildung habe noch eine Zukunft, da die Krankenkassen in den meisten Fällen die Gesundheitsschuhe bezahlen. Doch wer investiert hunderte oder gar tausende von Mark in einen Maßschuh?
Der Blick auf das Schuhhandwerk in Pinneberg bietet die einmalige Chance in der Kreisstadt, Respekt vor diesem Berufsbild zu zeigen.
Das museumspädagogische Begleitprogramm sieht unter anderem eine Kinder-Rallye vor. Zusätzlich können die Nachwuchs-Schuhmacher mit Ambitionen Schnittmuster mit nach Hause nehmen, um sich in Filz ihre eigenen Schuhe „zu erarbeiten“.
Öffnungszeiten des Museums sind dienstags bis freitags von 17 bis 19 Uhr, donnerstags von 10 bis 12Uhr, sonnabends von 11 bis 13 Uhr. Schulklassen und Gruppen auf Anfrage.
Handwerk in Pinneberg
2.Sept. 2001 – 5.Jan. 2002