Hatten sich nach dem Eisenbahnbau 1844 erste Fabriken in Pinneberg angesiedelt, so wirkten sich die politischen Wirren 1848–1851 hemmend auf die weitere Wirtschaftsentwicklung aus.Neuer Schub entstand 1853 durch die Eingliederung der Herzogtümer in das dänische Zollgebiet, von dem Altona ausgeschlossen blieb. Nun wurde Pinneberg interessant für Hamburger Firmen, die sich im dänischen Zollgebiet niederlassen wollten.
Von Johannes Seifert
Union-Eisenwerk 1856–1878: Gewinne und Gründerfieber
Eine dieser Firmen war Schulte und Schemmann, Großhandel mit englischem Stahl. 1856 gründete Schemmann zusammen mit dem Metallwarenfabrikanten Thiel an der Schauenburger Straße die Union-Eisenwerke zur Herstellung verzinnter gestanzter Geschirre. „Maschinen und andere Einrichtungsgegenstände kamen meistens aus England; die eigentliche Stanzwerkstatt richtete die Firma Rummel & Philippi, Stromberg, ein und verpflichtete sich zur Ausbildung der benötigten Fachleute.“
1857 litt auch Pinneberg unter der ersten Weltwirtschaftskrise: „Manche Fabriken und Geschäfte mussten eingehen, neue Etablissements wurden nicht gegründet und fast keine Bauten unternommen. Hierzu kam die Besorgniß, … dass die Zollgrenze bis an die Eider werde verlegt werden.“ Schon bald zog sich Schemmann als Eigentümer aus der Fabrik zurück. Eine Zeitungsanzeige von sozialdemokratischen Arbeitern deutete im Januar 1866 auf schlechte Geschäftslage hin. Die Betriebskrankenkasse sei aufgelöst, ihre Mittel aber von Besitzer Thiel einbehalten, anstatt sie der nun zuständigen Ortskrankenkasse zu überweisen. Wir dürfen annehmen, dass das Union-Eisenwerk, das die Gebrüder Miether 1868 kauften, nicht sonderlich bedeutend war.
Direktor des Unternehmens wurde jetzt der sozial engagierte Theodor Miether. Er veranstaltete für seine Belegschaft Feste und die „dankbaren Arbeiter des Union-Eisenwerks“ revanchierten sich mit Lobesanzeigen im Pinneberger Wochenblatt. Das Geschäft seines Lebens machte Miether jedoch mit der Lieferung von Heeresgeschirr während des deutsch-französischen Krieges 1870/71. Der Fall von Paris wurde im Januar 1871 mit 101 Kanonenschüssen und festlicher Illumination in Miethers Gartens gefeiert. Miether richtete eine Betriebskrankenkasse und eine Sterbekasse ein und betätigte sich auf kommunaler Ebene in der Verschönerungskommission und bei den Vorbereitungen zur Gründung einer Berufsschule. In Zeitungsanzeigen wurde er ermuntert, für die städtischen Kollegien zu kandidieren.
In der Fabrik weigerte sich Miether im August 1871, die Löhne zu senken, was die Arbeiter wiederum mit einer Beifallsanzeige quittierten. Auch kürzte er schon vor der allgemeinen Festlegung die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden. Den Gipfel seiner Popularität erreichte Theodor Miether 1872. Am 28. April warteten abends gegen 8 Uhr an der Fleckensgrenze zu Rellingen „die sämmtlichen Arbeiter des „Union-Eisenwerk“, nach den verschiedenen Geschäften verschieden kostümiert, mit Fahnen, Laternen und Fackeln, sowie eine unzählige Masse Zuschauer“, um das frisch vermählte Ehepaar Miether zu empfangen und im Triumphzug mit Kanonenschüssen und bengalischem Feuer zur Villa in der Schauenburger Straße zu geleiten. Anschließend begaben sich die Arbeiter in den Gasthof zur Eiche zu einem Festball, der mit Anbruch des nächsten Tages immer noch kein Ende gefunden hatte. Das Wohnhaus am Eisenwerk empfand Miether nun als nicht mehr standesgemäß und ließ sich 1872 die mit Abstand prachtvollste Villa Pinnebergs am Fahltskamp 36 erbauen.
Am 8. Mai 1872 verkündeten Zeitungsanzeigen die Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft, um Mittel zur Errichtung einer Emaille-Fabrik mit eigenem Walzwerk zu sammeln. „Unmittelbar an der Altona-Kieler Eisenbahn belegen, erleichtert die große Nähe Hamburgs den Export der Fabrikate, sowie den billigen Bezug englischen Eisens und Kohlen. Der Absatz findet in Deutschland allein an circa 3500 Kunden, ferner durch Hamburgs und Lübecks Exporteure nach allen überseeischen Ländern, insbesondere aber nach Russland, Dänemark und Schweden statt … Das Werk beschäftigt jetzt über 300 eingeschulte Arbeiter.“
„wovon lebt Pinneberg? Antwort: größtenteils vom Union-Eisenwerk“
Im September 1872 drückten die Arbeiter des Union-Eisenwerks in einer Anzeige ihr ganzes Selbstbewusstsein aus: „Wer hat Pinneberg auf die Stufe gebracht, auf der es jetzt steht ? Antwort: größtenteils das Union-Eisenwerk; wovon lebt Pinneberg? Antwort: größtenteils vom Union-Eisenwerk …“ Zum Jahresende 1872 veranstaltete Miether eine prachtvolle Weihnachtsfeier für die etwa 250 Kinder der Arbeiter in den Werkhallen und noch im Juli 1873 brachten sämtliche Arbeiter Miether eine Ovation, die im Bahnhofshotel mit einem Festball bis zum nächsten Morgen endete.
Die angekündigte Ausweitung des Werkes aber fand nicht einmal im Ansatz statt, auch wenn die Produktion ab 1872 von verzinntem auf emailliertes Geschirr umgestellt wurde. Ostern 1875 übernahm Direktor Voss aus Berlin die Geschäftsleitung des angeschlagenen Werkes. Am 20. Mai 1876 kam Theodor Miether in Untersuchungshaft: „Der Bericht der Revisions-Commission enthüllte Aufstellung gefälschter Bilanzen, unrechtmäßig verteilter Dividenden, Verschleuderung des Vermögens der Gesellschaft und eine trostlose Sachlage.“ Nach Einigung mit dem Hauptgläubiger Schulte und Schemmann bekam die AG eine Gnadenfrist und musste 1878 endgültig Konkurs anmelden. Der Retter der größten Pinneberger Fabrik – Herman Wupperman – aber hatte schon 1876 seine Arbeit im Union-Eisenwerk aufgenommen.
Der Aufstieg eines großen Pinneberger Geschäftsmannes – Die Geschichte der Firma Wupperman, Teil II
Von Frank Neumann
Am 2. August 1878 kaufte Herman Wupperman das Werk und führte es unter seinem Namen weiter. Mit großen Schritten modernisierte und erweiterte er die Fabrik zu einem der großen Emaillierwerke Europas. 2/3 der Produktion der über 600 Mitarbeiter gingen in den Export. Die Jahresumsätze lagen 1878 bei Übernahme des Werkes bei ca. 590.000 Mark, stiegen dann kontinuierlich 1880 auf 697.000 Mark, 1890 auf 2.240.000 Mark und lagen 1900 bei 3.183.000 Mark.
Wupperman wohnte zunächst mit seiner Frau Emmeline und den Söhnen Herman und Otto in der Villa im großen Park am Fahltskamp 36. Die besonderen Verdienste Herman Wuppermans lagen zum einen in der Organisation einer modernen, am Weltmarkt orientierten Emaillefabrik, zum anderen in den von ihm aufgebauten Wohlfahrtseinrichtungen.
Zwar besserte sich die Lage der Arbeiter um 1890 durch die staatliche Sozialgesetzgebung erheblich, aber Wupperman ging weit darüber hinaus. Familienkrankenkasse und freiwillige Leistungen der Betriebskrankenkasse ergänzten die Absicherung in Notfällen. Andere Maßnahmen sollten die materielle Lage der Arbeiter heben: Prämien, Betriebssparkasse, Mietsparkasse, Kohlenkonsumverein und Fischhalle.
Großen Anklang fanden die zahlreichen Werkswohnungen an Peiner Weg, Hermanstraße, Ottostraße und Prisdorfer Straße, deren Miete — wöchentlich 2,90 M – 30% unter der in Pinneberg üblichen Miete lag. Wegen des hohen Frauenanteils in der „Pottbude“ richtete Wupperman eine Koch- und Haushaltungsschule für die in der Fabrik arbeitenden Mädchen ein, die mit einer Speiseanstalt und einer Kaffeeküche verbunden war. Für die Töchter der ArbeiterInnen gab es Nähkurse, für die Söhne eine Handfertigkeitsschule. Kleine Kinder wurden in der Warteschule betreut. Wupperman ließ die Turnhalle Lindenstraße erbauen und spendete den Altar für die Christuskirche. 1893 siedelte die Familie auf Wunsch von Frau Wupperman nach Düsseldorf über. In dem technischen Direktor Eugen Nemnich und dem kaufmännischen Direktor Julius Lüttgens hatte Herman Wuppermann Mitarbeiter gefunden, die den Aufstieg des Werkes nach seinen Vorstellungen fortführen konnten. 1898 kam Wupperman auf tragische Weise bei einem Eisenbahnunfall um.
Ein Bericht von 1890 beschreibt die Emailleproduktion bei Wupperman: Anfangs wurden Stahlbleche in verschiedenen Formen vorgeschnitten, dann gestanzt und mit großen Hebelpressen zu Hohlgefäßen geformt. Anschließend planierte (glättete) man sie mechanisch und glühte sie immer wieder zwischen den verschiedenen Verarbeitungsstationen, um das Material geschmeidig zu halten. In einem anderen Werkraum stanzte und presste man die dazu gehörigen Henkel, Griffe und Mundstücke. In mechanischen Werkstätten (Schlosserei und Klempnerei) verarbeitete man einen Teil der Geschirre weiter. In der nächsten großen Halle wurden die fertigen Geräte mit verdünnter Salzsäure gebeizt, dann getrocknet und anschließend verzinnt bzw. mit einer Grundschicht für die Emaillierung versehen. Nachdem die Gegenstände eine Zeit im Trockenraum lagerten, brannte man sie in Öfen und versah sie in einer anderen Halle mit dem eigentlichen Emailleüberzug. Nach wiederholtem Trocknen erfolgte ebenfalls in Öfen das Brennen der Geräte, wobei die Emaille den Glanz und die Beständigkeit erhielt. Die Emaillemasse wurde an anderer Stelle aus den verschiedenen Mineralien mit Hilfe von Trocken- und Nassmühlen, Stampfwerken, Quetschen, Mischmaschinen und besonderen Schmelzöfen hergestellt.Die fertigen Geschirre kamen in Sortierhalle, Lagersaal und schließlich Verpackungshalle, aus welcher sie direkt in Eisenbahnwaggons auf dem Fabrikgleis neben dem Bahnhof verladen werden konnten. Neben der Verpackungshalle befand sich die Werkstatt zur Herstellung von entsprechenden Transportkisten.
1887 betrug der Wochenlohn für Männer 18 Mark, für Frauen 8,50 Mark
Der Aufstieg der Firma ist auch an den Löhnen abzulesen. 1887 betrug der Wochenlohn für Männer 18 Mark, für Frauen 8,50 Mark; 1906 lag der Tageslohn bei Männern zwischen 2,50 und 6 RM, bei Frauen zwischen 2 bis 2,50 Reichsmark. Die Arbeitszeit eines Tages gliederte sich 1906 wie folgt auf: 6.30–8.40 Arbeit; 8.40–9.00 Pause; 9.00–12.00 Arbeit; 12.00–13.30 Pause; 13.30–16.15 Arbeit; 16.15–16.30 Pause; 16.30–18.30 Arbeit. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges galt der 10-Stunden-Tag, 1918 wurde der 8‑Stunden-Tag eingeführt. Die Errichtung von Werk II an der Hermanstraße 1903 optimierte den Betriebsablauf. Das Werk wurde zur „Herman Wupperman GmbH“, Produktion weiß emaillierter Küchengeschirre aus gepresstem Stahlblech. 1909 trat Herman Wupperman junior in die Geschäftsführung ein, 1918 Otto Wupperman. Im 1. Weltkrieg produzierte das Werk in großen Mengen Rüstungsgüter wie z. B. Kochgeschirre, Feldkessel, Trinkbecher, Zündladungskapseln, Handgranatenbecher und Kartuschen. Die Fabrik war voll ausgelastet, manche Aufträge mussten abgelehnt werden. Die Frauenarbeitszeit wurde für die Rüstungsproduktion verlängert. 1917 griffen Hungerunruhen von Hamburg auf Pinneberg über und es waren vorwiegend Wupperman- Arbeiterinnen und Arbeiter, die am 26.2.1917 die Pinneberger Brotläden stürmten.
Da Wupperman gut über den Krieg gekommen war, setzte auch bald nach Kriegsende der Werkswohnungsbau wieder ein. Die politischen Veränderungen nach dem 1. Weltkrieg sorgten für Turbulenzen auf dem Weltmarkt. Auch begannen einige der früheren Importländer, jetzt eigene Emailleindustrien aufzubauen. Die neue Situation meisterte die Firma Wupperman jedoch erfolgreich. 1925 wies das Werk mehr Mitarbeiter als je zuvor auf, nämlich 725. Niemand konnte ahnen, dass die Firma schon bald vor dem Abgrund stehen sollte.
Als wichtige Rüstungsfirma in der Reichsbetriebskartei – Die Geschichte der Firma Wupperman, Teil II
Von Frank Neumann und Johannes Seifert
Im März 1928 wurde die Firma Wupperman bei gutem Geschäftsgang in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. In der Weltwirtschaftskrise nach dem Schwarzen Freitag am 24.10.1929 brachen Exportmärkte und der heimische Markt zusammen. In der Folge wurden Mitarbeiter entlassen, Werkswohnungen und Turnhalle Lindenstraße verkauft und der Kindergarten geschlossen. 1931 arbeitete nur noch die Metalloxidfabrik an der Hermanstraße.
Die Zahl der Mitarbeiter sank von 725 im Jahre 1925 auf 280 im Jahre 1935. So verwundert es nicht, dass Herman Wupperman jr. in einem Schreiben an Bürgermeister Backhaus am 23. November 1936 die geringen Ausnutzung des Werkes beklagt, „das mit seinem sehr ausgedehnten Maschinenpark in der Lage ist, verschiedenartigst in das Stanz‑, Schweiß‑, etc. Verfahren fallende Arbeiten in großem Umfange auszuführen.“ Außerdem führte er aus, dass durch die Exportschwierigkeiten das Werk auf den Inlandsmarkt angewiesen sei. Nach dem 1. Weltkrieg seien nennenswerte Mengen an Aluminium-Feldkochgeschirren und Feldflaschen an die Reichswehr geliefert worden.
Die ungefähren Ausmaße der beiden Werke (Stadtteil Pinneberg und Pinnebergerdorf) beliefen sich bebaut und unbebaut auf ca. 312.000 qm. Ferner besaß das Werk ein modernes Gas‑, Wasser- und Elektrizitätswerk. Im 2. Weltkrieg erschien die Firma Wupperman in der Reichsbetriebskartei der besonders wichtigen Rüstungsbetriebe mit 560 Beschäftigten, darunter auch Kriegsgefangene und Fremdarbeiter. Produziert wurden Feldflaschen, Feldkochgeschirre, Landminen, Zünder, Munitionspackgefäße aus Blech und Panzerfaustteile. Die große Lagerhalle an der Schauenburger Straße diente ab 1940 als „Beutegutsammelstelle“. Dazu das „Pinneberger Tageblatt“ am 24.8.1940: „…Die mit der Eisenbahn anrollenden Beutegüter werden von Ladegleisen mit Kraftwagen zu den Lagerhallen gefahren. Diese Transporte … werden …. von Scharen von Jungens belagert, die jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um sich „Andenken“ zu besorgen. So verschwinden … besonders Stahlhelme, Patronentaschen, Koppel, usw. …, von jetzt ab muss hiergegen polizeilich schärfstens eingeschritten und alle ermittelten Fälle zur Anzeige gebracht werden.“ Kurz nach Kriegsende stürmten viele Pinneberger das Beutegutlager. Es wurden Decken, Uniformen, Tornister, Riemen, Motorradbrillen, Essbestecke, Feldflaschen und anderes Nützliches mitgenommen. So überraschend die Plünderung begann, so schnell wurde sie auch wieder beendet. Die Wachorgane wussten sich nicht anders zu helfen, als in die Hallen Tränengas zu schießen.
Nach der Währungsreform am 21. Juni 1948 erlebte Wupperman noch einmal einen Aufschwung durch den Nachholbedarf der Privathaushalte (z.B. Saftbräter, Siebe, Kaffeekannen etc.). Doch dann ging es in den 50er Jahren mit der Produktion ständig bergab. Die Gründe hierfür waren vielfältig, u. a. die Zunahme von Elektroherden in den Haushalten, wofür Emailletöpfe weniger geeignet waren, Ersatz von Emaille durch Aluminium und Kunststoffe, immer geringere Chancen zum Export von Emaille und emaillierten Gegenständen. Dies spiegelt sich auch in den Mitarbeiterzahlen wieder: 1951 noch 484 Mitarbeiter, 1953 414 Mitarbeiter und 1962 schließlich 200 Mitarbeiter.
1952 erwarb die Stadt Pinneberg von Otto Wupperman den Wasserturm mit Wasserwerk (1954 neues Wasserwerk Peiner Weg) und das große angrenzende Gelände zwischen Bahn und Prisdorfer Straße (ehemals Naherholungsgebiet „Wuppermans Park“). Hier entstand ab 1954 das erste neue Industriegebiet. Am 31.03.1954 feierte Fabrikdirektor Albert Krohn das 50jährige Arbeitsjubiläum, der 1904 in die Firma eingetreten war und mit seinen Fremdsprachkenntnissen viele Geschäfte im Ausland abgewickelt hatte. Am 19.07.1957 beging Otto Wupperman sein 40jähriges Jubiläum an der Spitze des Pinneberger Betriebes. Am 08.04.1957 erhielt die Packerin Amanda Behnke das Bundesverdienstkreuz für 50jährige Tätigkeit bei der Firma “Wupperman“.
Im Februar 1962 berichtet das „Pinneberger Tageblatt“ „von einschneidenden Rationalisierungsmaßnahmen bei Wupperman. Durch neuartige Brennöfen und die Konzentration auf hochwertige Geschirre, z. T. aus Edelstahl, benötige die Firma nur noch Bruchteile der ursprünglichen Arbeitsfläche. Unverändert laufe nur die Produktion von Zinnoxid und der Emaillemasse im Werk Hermanstraße.“ Die verbleibenden 200 Mitarbeiter waren mittlerweile auch mit der Herstellung von Heizölbehältern und der Fertigung von Elektrogehäusen beschäftigt. Um die Umstrukturierung und Modernisierung des Werkes zu finanzieren, hatte Otto Wupperman den Lindenkamp (heute Drosteiweg) an eine Wohnungsbaugesellschaft verkauft. Schon vorher hatte Wupperman durch den Verkauf des Geländes Fahltskamp 36 der Stadt ermöglicht, in bester Lage 1961 das erste Pinneberger Gymnasium zu errichten. Beim Bau des Gymnasiums wurde dann die ehemals Miethersche Villa Fahltskamp 36 abgerissen.
Aber auch die längerfristige Perspektive des Restwerkes als eigenständiger Betrieb erschien den Inhabern nicht mehr gesichert. Es wurde noch 1962 an den Altonaer Gasofenhersteller Haller-Meurer verkauft, dem aber ein zukunftsfähiges Geschäftskonzept fehlte. In den städtischen Planungen tauchte schon 1965 eine stark verdichtete Wohnbebauung am Bahnhof auf, die um 1970 als „Haller-Meurer-Bauprojekt“ hitzige Diskussionen in Pinneberg entfachte, aber um 1973 zu den Akten gelegt wurde. 10 Jahre später war das Restgelände der Wupperman- Fabrik planiert und die Bebauung an Von-Ahlefeldt-Stieg und Rockvillestraße begann.
Auch heute sind im Stadtbild noch Zeugnisse des lange Zeit größten Pinneberger Betriebes zu finden: die Wupperman-Siedlung mit Denkmal und Wasserturm, Reste von Werk II an der Hermanstraße, das Anstaltsgebäude (Kochschule) an der Moltkestraße, Turnhalle Lindenstraße und die Tiefziehpresse vor der Kreisberufsschule. Es wäre zu wünschen, dass diese Zeugnisse Pinneberger Geschichte in ihrer Eigenheit erhalten und dauerhaft gesichert werden.