Berichte der „Volksschule“ Pinneberg-Nord geben Aufschluss über ihre Situation während des Krieges, die sicher im Wesentlichen übertragbar ist auf die anderen Schulen der Stadt. Bei Kriegsausbruch wurden die Schulen wegen der Gefahr von Luftangriffen vom 1. bis 10.9.1939 erst einmal geschlossen.
Mit dem Unterrichtsbeginn am 11.9.1939 fingen die älteren Schüler der Nordschule an, sogenannte Splittergräben (Luftschutzgräben) auf der Spielwiese auszuheben. Am 23.11.1939 beschlagnahmte die Luftwaffe zwei Klassenräume für den Wachzug zur Bewachung der Funktürme. Als im Januar jedoch keine Soldaten erschienen, legte Schulleiter Bassen Beschwerde ein, und die Räume wurden für den Unterricht wieder freigegeben.
Die Winter 1940/1941/1942 brachten lange Frostperioden mit Nächten über 20 Grad minus. Da die Kohlen in den Haushalten nach Weihnachten weitgehend aufgebraucht waren, wurden die Schulkohlen zur Versorgung der Bevölkerung beschlagnahmt. Statt zum Unterricht mussten die Kinder für ca. acht Wochen jeden Morgen um 10 Uhr in der kalten Schule erscheinen, ihre erledigten Hausaufgaben vom Vortag abgeben und neue in Empfang nehmen.
Rektor Bassen wurde im Juni 1940 zur Wehrmacht eingezogen, sein Vertreter wurde Karl Sörensen, der sich bereits seit 1937 im Ruhestand befand. In seinem Jahresbericht 1940/41 stellt Sörensen fest, „daß sich die Luftangriffe auf Hamburg und Umgebung seit dem 12.5.1940 häufiger wiederholten und daß daher die Sommerferien vorzeitig am 4.Juli begannen und bis zum 16.September dauerten.“ Die Lehrer*innen erhielten aber nur drei Wochen Erholungspause; während der übrigen Zeit wurden sie zur Arbeit im Landratsamt, vorwiegend im Kreiswirtschaftsamt, verpflichtet. Der Schuljahresbeginn, der sonst im Frühjahr gelegen hatte, war ab diesem Schuljahr auf den Herbst verlegt worden. Wegen der erhöhten Gefahr durch Fliegerangriffe wurde im Sommer 1941 die Kinderlandverschickung eingerichtet: 80 Kinder aus den unteren Klassen fanden Privatquartiere in Bayern, 30 aus den oberen Klassen in Lagern auf Rügen und Usedom. Größtenteils kehrten sie im Winter zurück.
Ab Mitte Oktober 1940 begann der Bau von Luftschutzkellern unter den Gebäuden der Schule Pinneberg Nord. Wegen des Mangels an Baumaterialien dauerte die Fertigstellung der Keller bis Januar 1942.
Der Jahresbericht des Schuldirektors für 1943/44 beginnt mit dem Satz: „Der Anfang des Schuljahres stand unter dem Eindruck der furchtbaren Luftangriffe auf Hamburg.“ Zahlreiche ausgebombte Flüchtlinge strömten nach Pinneberg. Die große Zahl von Kindern, die nun von den Schulen aufgenommen werden mussten, stellte ein Problem dar. Mit der Anordnung, dass nur polizeilich gemeldete Schüler*innen aufgenommen werden durften, wurde die Zahl an der Schule Pinneberg Nord zunächst auf je 13 Jungen und Mädchen beschränkt.
Nach den Bombardierungen auf Hamburg wurde für die Schulen in Schleswig-Holstein eine telefonische Vorwarnung über den Anflug feindlicher Flugzeuge eingeführt. Da die Luftschutzräume im Winter eiskalt waren, wurden die Kinder, die nicht so weit entfernt wohnten, bei Alarm nach Hause geschickt. Hinzu kam der regelmäßige nächtliche Alarm, wenn er über 23.00 Uhr hinaus gedauert hatte, begann der Unterricht erst um 9.30 Uhr.
Gestört wurde der Unterricht zunehmend durch Kriegsdienst-Einsätze, wie zum Beispiel die jährlichen Sammlungen:
- Für die Winterhilfe der NSV (NS-Volkswohlfahrt) von Kastanien, Eicheln, Blätter, Heilkräutern und Altstoffen
- Woll- und Pelzsachen für die Soldaten in Russland
- In Großaktionen wurden die Kartoffelfelder nach Kartoffelkäfern abgesucht und im gesamten Stadtgebiet alle feindlichen Flugblätter eingesammelt.
Von einem kontinuierlichen Unterricht konnte nicht mehr die Rede sein.
In die Schulberichte eingestreut finden sich immer wieder Hinweise auf die Sorgen und Nöte der Familien. So stellt z.B. Rektor Sörensen fest, „daß im Juli 1942 die Väter von 80 Schüler*innen zum Wehrmachtsdienst eingezogen und insgesamt 119 Kinder ohne ihren Vater im Haus seien.“
Im letzten Schuljahr vom 15.8.1944 bis zum 18.4.1945 gab es zunächst fast täglichen Unterrichtsausfall durch Fliegeralarm, später wegen Kohlenmangels. Am Abend des 5.3.1945 wurden 300 ostpreußische Flüchtlinge im hinteren Schulhaus untergebracht. Schließlich wurde die gesamte Schule zum Durchgangslager. Am 18.4.1945 verordnete die Schulbehörde den allgemeinen Schulschluss.
Es sollte dann bis zum 17.9.45 dauern, bevor die Schule Pinneberg Nord als erste in Pinneberg nach dem Einmarsch der Briten zunächst ihre Grundschule wieder eröffnen konnte.