Zustrom von Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen. Mit dem erste Flüchtlingstreck aus dem Osten, der Anfang 1945 in Pinneberg eintraf, begann der stetige Zustrom von Flüchtlingen.
Tausende mussten zusätzlich in den etwa 5.000 vorhandenen Wohnungen in Pinneberg untergebracht werden. Die städtischen Bediensteten hatten die Aufgabe, von Wohnung zu Wohnung zu gehen, um zu prüfen, ob noch Räume zur Verfügung stehen.
Walter Damm; Arbeiter, Landrat und Flüchtlingsminister in Schleswig Holstein: „Mir ist noch in Erinnerung, wie der Leiter des Wohnungsamtes vor Überanstrengung unterwegs einen Zusammenbruch erlitt. Da seine Arbeitskraft aber nicht zu entbehren war, kam er wieder ins Amt, eigentlich gegen meine Überzeugung und meinen Willen, denn er war sehr krank. Das ging aber vielen unserer Mitarbeiter so.“
Eine Flüchtlingsfrau erinnert sich: „In Pinneberg kamen wir in einen großen Raum (ehemalige AOK, Ecke Dingstätte/Bismarckstr.). Da hatte jede der 3 Familien eine Ecke, 12 Erwachsene und 11 Kinder!
Es gab kein warmes Wasser zum Waschen. War das schlimm, vor allem für die Babys! Fast ein Jahr haben wir da zusammengelebt.
Dann kamen wir nach Fahltskamp 29 – in ein großes Zimmer: Meine Großmutter, meine Nichte, meine Eltern und ich mit den beiden Kindern. So hatten wir dann wenigstens unser Reich für uns …
Im ersten Jahr haben wir uns Essen von der Volksküche geholt, am Fahltskamp, im Hof von Schlachter Brüggen … Das Schlimmste war in all dieser Zeit, wenn die Kinder sagten: „Ich kann nicht schlafen, ich habe noch Hunger!“ Die besondere soziale Not der Flüchtlinge lässt sich auch in der Statistik für 1946 ablesen. Von den 4.000 Fürsorgeempfängern, das sind 17% der Einwohner, waren 3.142 Flüchtlinge.
Wohnungsnot
Bis Ende 1946 hatte sich die Zahl der Einwohner etwa verdoppelt; 1943 durch den Zuzug von etwa 1.800 ausgebombten Hamburgern und ab 1945 von etwa 8.600 Flüchtlingen und Vertriebenen. An Wohnraum standen als Mindestsatz zu: Erwachsene Personen über 14 Jahren = 4 qm, Kinder unter 14 Jahren = 2 qm.
Die geringen Vorräte an Baumaterialien reichten fast nur für Hausinstandsetzungen, Wohnungs- und Dachgeschossausbauten. Der Bau von Neubauwohnungen begann in größerem Umfang erst 1949. Es sollte noch zwei Jahrzehnte dauern, bevor die Dringlichkeitsliste mit über 3.000 Namen von Wohnungssuchenden Familien weitgehend abgebaut war.
Versorgungsmangel
Wie schon während des Krieges erfolgte die Verteilung der knappen Waren weiterhin durch das Wirtschafts- und das Ernährungsamt mit Hilfe von Lebensmittelkarten und Berechtigungsscheinen für z.B. Heizmaterial, Textilien, Schuhe, Seife, Möbel, usw.
Die teuren Preise auf dem Schwarzmarkt (z.B. Fahrradbereifung 600 RM) konnten nur wenige zahlen. Für Heizmaterial ging man auf Güterbahnhöfen „Kohle-Klauen“. Frierende Pinneberger holzten den gesamten Wuppermanschen Park am Ziegeleiweg ab und aus Torfschlamm wurden Briketts getrocknet. In Trauben hingen die Menschen an den Personenzügen in die Umgebung Pinnebergs, um mit ihren letzten Wertsachen Nahrungsmittel bei Bauern einzutauschen.
„Katastrophal wie die Ernährungslage war auch die Versorgung mit Energie bzw. Brennmaterialien. Die Kohlenzuteilungen für den Kreis deckten schon im Sommer 1946 kaum den zu erwartenden Bedarf für die Herbstmonate und mit Beginn des Winters und einer extremen Kältewelle verschlechterte sich die Lage sehr. Erschwerend kam hinzu, dass die Kohlenlieferungen meist nur dezimiert ihren Bestimmungsort erreichten. … Bereits in den ersten Tagen nach dem Kälteeinbruch gab es die ersten Todesopfer durch Erfrieren. Tatenlos mussten wir das mitansehen.“