In einem Artikel im Pinneberger Tageblatt vom 9.1.1935 heißt es, „das Ideal, das die Hitlerjugend verfolgt, ist die deutsche Arbeiterjugend, eine einheitliche deutsche Jugend, welche im Berufsleben steht und für ihren Beruf lebt.“ Allerdings waren es eher die Geländespiele, Fahrten, Lager und Lieder, die den Reiz für die meisten Jugendlichen in der HJ ausmachten.
Ein Zeitzeuge erinnert sich: „Die Aktivitäten in der HJ, …, waren im wesentlichen Geländespiele. Wir waren begeistert, wenn wir am Wochenende in die Holmer Sandberge gehen konnten … . Zum Teil waren es Nachtgeländespiele. Wir waren mit Feuereifer dabei, und ich weiß noch, daß wir Pimpfe bei einer Spähtrupp-Erkundung …, plötzlich vor einem hüfttiefen Wassergraben standen. Selbstverständlich sind wir in unseren Klamotten da durchgewatet. Richtig warm wurden wir erst wieder um Mitternacht unter unseren Wolldecken im Stroh.“
Keine so guten Erinnerungen verbinden sich mit dem Ordnungsdienst. Es gab Führer, für die in erster Linie nur das Wort des Reichsjugendführers im Vorwort des Handbuchs „Pimpf im Dienst“ galt: „Weil wir ein Volk von Männern brauchen, stehst du heute schon als Junge in Reih und Glied …“ Also hieß die Devise: Zucht, Ausdauer, Härte!
„So schallten von der Wiese beim HJ-Heim in der Mühlenstraße nicht selten auch die Kommandos: Vorwärts marsch, marsch – hinlegen – auf – hinlegen … ! Viele haben schlimme Erinnerungen an die Gebietslager, wie das Nordmarklager bei Kellinghusen oder die späteren Wehrertüchtigungslager, u.a. in Meggerdorf und St. Michaelisdonn. Man hat uns geschliffen wie Rekruten! Es wurde ständig marschiert: Zu Veranstaltungen und bei Aufmärschen in der Stadt, bei Orientierungsmärschen im Gelände, oder im Rahmen der Anforderungen zur Erlangung von Leistungsabzeichen der einzelnen HJ-Gliederungen. Dabei, so kann ich mich selbst erinnern, mußte ich als 12-jähriger Pimpf mit einem 5 kg schweren Tornister an einem Gepäckmarsch der HJ von Pinneberg nach Glückstadt teilnehmen (25 km). Da für die Jüngeren als Bedingung für das DJ-Leistungsabzeichen eigentlich nur 15 km verlangt wurden, durften sie unterwegs den Sand-Ballast in ihrem Tornister ausschütten. Ich war damals der Dumme, denn ich hatte Bücher eingepackt. Auch bei den Mädchen wurden solche Leistungsmärsche von 8 bis zu 25 km verlangt, je nachdem, ob sie das Abzeichen in Bronze, Silber oder Gold erwerben wollten. Sie brauchten zwar kein Gepäck mitzuführen, aber die Anstrengung war dennoch für viele sehr groß.“ (Zeitzeugenbericht)
Der andere große Bereich im Rahmen der Körperschulung war der Sport. Entsprechend standen sportliche Leistungen hoch im Kurs, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die Pinneberger HJ-Führer*innen fast ausnahmslos hervorragende Sportler*innen waren. Im „Pimpf im Dienst“ wird diese körperliche Schulung als „Grundschule für das Jungvolk“ bezeichnet, unterteilt in „Grundschule der Leibesübungen, des Geländesports und des Luftgewehrschießens“. Es heißt dann weiter: „Wir legen die Grundlagen für die Schulung in der HJ, in der SA, SS und für die Ausbildung der Wehrmacht“. Mit Letzteren war das eigentliche Ziel angegeben.
Heimnachmittage und ‑abende sollten vorwiegend der weltanschaulichen Schulung dienen. Es galt hierbei das Motto „Jugend soll Jugend führen“. Die Schrift das „Leben des Führers“ musste von allen auswendig gelernt werden. Ein Zeitzeuge erinnert: „Als ich dann in die HJ übernommen wurde, entzog ich mich – wie viele andere – dem langweiligen Dienstbetrieb in der allgemeinen HJ, indem ich in die Flieger-HJ eintrat, zunächst Flugmodelle baute und schließlich Segelflieger wurde. In Pinneberg gab es außerdem die Motor‑, Nachrichten‑, Feuerwehr- und zeitweilig auch eine Marine-HJ. Sehr beliebt waren die Musikzüge. Für die Mädchen existierten solche Sondereinheiten nicht. Stattdessen wurde deren Aktivitätsdrang immer mehr in den Bereich sozialer Aufgaben gelenkt.“
Eine große Rolle spielten Kundgebungen und Feiern. Eine BDM (Bund Deutscher Mädel)-Führerin erzählt: „Gleich in den ersten Jahren haben wir morgens auf dem Rondeel im Fahlt, wo die Doppeleiche steht, unsere Morgenfeiern abgehalten. Ich muß sagen, es ging dabei immer sehr diszipliniert und feierlich zu … und ja, die Sommer-Sonnenwende! Das war eigentlich immer sehr schön mit dem Singen und dem Volkstanz um das Feuer“. Gedenktage, wie z.B. 1.Mai und 9.November, wurden für Massenveranstaltungen genutzt, häufig unter Einbeziehung des „Adolf-Hitler-Platzes“ (Bahnhofsvorplatz) mit dem Ehrenmal.
Eine BDM-Führerin resümiert nach dem Krieg: „Das Politische spielte dabei meistens keine große Rolle … Am Ende mußten wir erkennen, daß all unsere Begeisterungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft von den Verantwortlichen mißbraucht worden war“.